Grundsätzlich spricht sich die BuG Durmersheim für eine Stärkung des ÖPNV auf der südlichen Hardt aus. Dabei betrachten wir auch die Situation der Nachbargemeinden. Der Versuch eine Verlängerung der S-Bahn-Linie S2 von Rheinstetten-Mörsch nach Durmersheim in der öffentlichen Diskussion als alleinige Option zur Verbesserung des ÖPNV zu positionieren, greift – unserer Meinung nach – zu kurz.
Bürgerinitiative Pro S2 Durmersheim Anfang der 2000er
Die BI hat sich damals vehement für eine Verlängerung der S2 nach Durmersheim ausgesprochen und wurde dabei auch von der BuG unterstützt. Einen Teil der damaligen Argumente kann man auch heute durchaus noch vertreten. Primär ging es darum, die ÖPNV-Anbindung von Durmersheim in Richtung Karlsruhe deutlich zu verbessern. Und damals schien das eben aus Umweltgründen und im Sinne der Nutzerfreundlichkeit nur mit einer Verlängerung der Straßenbahn möglich.
Warum eine Straßenbahn und keine Busse?
Vor rund 20 Jahren waren noch recht alte und unkomfortable Busse im Einsatz. Ein abgesenkter Einstieg war die Ausnahme. Man musste oft über mehrere Stufen die alten Reisebusse erklimmen. Für mobilitätseingeschränkte Menschen oder Personen mit Kleinkindern und Kinderwagen war dies nicht möglich. Außerdem gab es zu der Zeit lediglich Busse mit Diesel-Motoren, womit ein umweltfreundlicher Betrieb nicht möglich war. Dies war sicherlich der Hauptgrund, der damals gegen einen verbesserten ÖPNV mit Bussen sprach.
Was spricht heute, in 2023, gegen einen verbesserten ÖPNV mit Bussen?
Gar nichts!
Moderne Verkehrsunternehmen im ÖPNV haben weitestgehend Niederflurbusse im Einsatz. Haltestellen sind oder werden erhöht gebaut und ermöglichen so den barrierefreien Einstieg. Die Entwicklung von alternativen Antriebsarten ist massiv vorangeschritten und viele Busflotten sind bereits auf klimafreundliche Antriebe umgerüstet.
Wer umweltfreundlichen, CO2-neutralen und emissionsfreien ÖPNV will, kann dies heute schon realisieren. Dafür bedarf es nicht der Verlängerung der S2 nach Durmersheim.
Sind Busse zu klein und deswegen der S-Bahn unterlegen?
Nein!
Wer regelmäßig mit der S2 von Mörsch-Merkurstraße nach Karlsruhe fährt kennt es: die S-Bahn kommt von Bach West aus dem Tiefgestande und es sitzen 1-5 Fahrgäste in der Bahn. Gleiches gilt auch für die andere Richtung. Fährt man zur Merkurstraße, gehört man in der Regel zu den letzten Fahrgästen, die die Bahn dort verlassen. Das ist im gesamten Netzbereich des KVV zu beobachten. Je weiter die Haltestellen von der Innenstadt Karlsruhe entfernt sind, desto weniger Fahrgäste nutzen die Bahn.
Die Bus Linie 222 (stündlicher Takt, bedient überwiegend die Haltestelle Rösselsbrünnle) ist meistens mit 1-10 Fahrgästen besetzt.
Wenn eine zukünftige Busverbindung mit einem 10-Minuten-Takt 10 Fahrgäste befördern würde, wäre das mindestens eine Versechsfachung. Wären die Busse voll belegt, könnten pro Stunde 300 Fahrgäste befördert werden (bei einer Kapazität des Busses von 50 Fahrgästen).
Das Argument, nur die Straßenbahn biete genügend Kapazität für Fahrgäste, ist falsch. Im besten Fall wird man nie soviel Fahrgäste hinzugewinnen, dass die Kapazität normaler Busse nicht ausreicht.
Der ÖPNV muss dorthin, wo viele Pendler wohnen!
Wäre Durmersheim im Hochgestade der einzige Ort weit und breit, würde eine Verlängerung der S-Bahn noch Sinn machen.
Wir haben aber eine ganz andere Situation: im Ortsteil Würmersheim, sowie in den Nachbarorten Au am Rhein und Elchesheim-Illingen wurden in den letzten Jahren neue Wohngebiete geschaffen bzw. erweitert. Dieser Trend hält an. Bereits heute stauen sich die Fahrzeuge in den Morgenstunden an der Pilgerstraße und in den Nachmittagsstunden in der Hauptstraße ab Höhe des Edeka. Die Verkehrsbelastung für die Durmersheimer Anwohner ist enorm. Selbst wenn die Fahrzeuge in den nächsten Jahren auf umweltfreundliche Antriebe umgestellt werden, bleiben die Staus bestehen. Dem muss entgegengewirkt werden.
Eine Straßenbahnverlängerung hätte diesbezüglich gar keinen Effekt! Wenn tatsächlich jemand aus den genannten Orten mit dem Auto zu den neuen Haltestellen in Durmersheim pendeln würde, würden wegen Platzmangel Pendlerparkplätze fehlen. Denn durch die neue Bahntrasse würden viele bestehende Parkplätze wegfallen und schon heute ist die Parkplatzsituation in Durmersheim kritisch. Letztlich würde man also gar keine neuen Fahrgäste aus den Orten im Tiefgestade hinzugewinnen.
„Wir müssen die Menschen zur S2 bringen und nicht die S2 zu den Menschen.“
Mit einer Bus-Verbindung werden die Fahrgäste dort abgeholt wo sie wohnen, und dorthin gebracht wo sie hin wollen, nämlich zur S-Bahn. Eine eng getaktete, attraktive Busanbindung reduziert den motorisierten Individualverkehr und damit die Belastung in Durmersheim.
Als Ergänzung ist MyShuttle denkbar, ein Mobilitätskonzept welches der Landkreis Karlsruhe zusammen mit dem KVV entwickelt hat. Hierbei gewinnt man zusätzliche Flexibilität, denn myShuttle wird bei Bedarf vom Nutzer angefordert und ist somit nicht an Fahrpläne, Linienführung oder Taktzeiten gebunden. Als Fahrzeuge werden dafür Minibusse mit elektrischem Antrieb eingesetzt.
Es gibt in der Umgebung bereits funktionierende Mobilitätskonzepte. Wir sollten diese auf die Bedürfnisse von Durmersheim und Umgebung anpassen. Dabei ist auch der Landkreis gefordert!
Kann eine verlängerte S2 in Durmersheim im 10-Minuten-Takt fahren?
Nein!
An der Haltestelle Mörsch Merkurstraße biegt die S2 nach Bach West ab. Diese Verbindung wird sich Rheinstetten nicht nehmen lassen. Also kann nur jede 2. Bahn nach Durmersheim fahren. In Pendlerzeiten wäre das ein 20-Minuten-Takt und ansonsten ein 40-Minuten-Takt. In den Randzeiten wird es dann noch schlechter.
Gibt es noch Platz für eine Wendeschleife am Bahnhof?
Vor zwanzig Jahren sollte die S2 über die Haupt- und Speyerer Straße ebenfalls zum Bahnhof fahren, dort wenden und dann wieder zurück nach Rheinstetten.
Diese Wendeschleife am Bahnhof ist nicht mehr möglich, dann das Areal ist mittlerweile vollständig bebaut. Lediglich eine Blockumfahrung wäre möglich. Das bedeutet, die Bahn müsste vier Mal eine enge 90 Grad Kurve in Durmersheim nehmen, und das wird laut!
2005 wurde in Karlsruhe die Linie 3 vom Mühlburger Tor Richtung Nordstadt gebaut. Die Schienen sind wasserführend. Das bedeutet, damit die Schleifgeräusche der Räder minimiert werden sollten, wird permanent Wasser in die Schienen geführt. Die Schleifgeräusche verschwanden aber leider nicht und der der Lärm war unerträglich. Dann kamen vermehrt Schleiffahrzeuge, um den vermehrten Rost wieder abzuschleifen. Die Gleisanlage am Mühlburger Tor ist absolut modern und trotzdem hat es nichts gebracht, die Lärmbelästigung durch die Tram ist dort enorm.
Außerdem würde durch eine Blockumfahrung die Sache nochmal erheblich teurer und es wären auch viel mehr Anwohner von dieser Streckenführung betroffen. Von den Auswirkungen auf den sowieso schon knappen Parkraum einmal abgesehen.
Kann die S2 nicht einfach wie die S7/8 auf der Rheintalbahn weiterfahren?
Das ist ein Vorschlag um so die fehlende Wendeschleife zu umgehen. Unserer Meinung nach ist das unrealistisch und wäre nochmal teurer!
Man müsste den Wagenpark der S2-Linie mit 2-System-Zügen ergänzen. Die Kosten von 2-System-Fahrzeugen im Vergleich zu normalen Trams sind erheblich höher. Des weiteren brauchen 2-System-Züge anderes Fahrpersonal, was bei den Verkehrsunternehmen im KVV sowieso knapp ist und allenthalben zu Zugausfällen führt.
Außerdem müsste man diese zusätzliche Linie in dem bereits stark befahrenem Streckenabschnitt der DB erst mal unterbringen, denn schon die S7/8 fährt nur im 20/40-Takt. Die Bahnstrecke wird auch weiterhin mit Güterzügen belegt werden und der Verkehr mit Güterzügen wird ansteigen! Eine Verlegung der Güterzüge auf die Neubaustrecke ist in vielen Fällen gar nicht möglich, da die Steigung im Rastatter Tunnel zu groß ist. Das schaffen viele Güterzüge nicht (ober bräuchten eine zweite Lok) und werden demzufolge weiterhin auch auf der „alten“ Trasse fahren.
Wie schnell könnte die S-Bahn Verlängerung verwirklicht werden?
Die Planer beim KVV gingen 2021 von mindestens sechs Jahren aus für Planung und Bau, NACHDEM ein entsprechender Beschluss gefasst ist. Von heute an gerechnet würde das mindestens 2030 werden.
Eine Busanbindung sowie das My-Shuttle-Konzept könnten in Abstimmung mit dem Landkreis in Auftrag gegeben werden. Selbst unter Berücksichtigung von Fahrzeugbeschaffung und Einstellung zusätzlicher Fahrer wäre eine zeitnahe Umsetzung möglich. Es würden Ressourcen geschont und langwierige Beeinträchtigungen des Verkehrs durch Baustellen vermieden.
Was kostet die Verlängerung der S2 nach Durmersheim?
Die Planer nannten 2021 eine Zahl von um die 15 Mio €, was wir schon damals als nicht realistisch erachtet haben. Heute werden schon 45 Mio aufgerufen, davon allein 9 Millionen für die Planung! Als Anteil für den Landkreis und die Gemeinde stehen über sieben Millionen Euro im Raum!
Was kann man sonst noch machen?
Eine weitere Möglichkeit ist die Umsetzung erweiterter Mobilitätskonzepte, welche zum Beispiel auch Radfahrende einschließen. Mit zunehmender Verbreitung von Pedelecs sind die vorhandenen S-Bahn-Stationen auch aus den Nachbarorten schnell zu erreichen. Stattet man diese mit sicheren Stellplätzen aus, wird das auch attraktiv. Ebenfalls förderlich ist die Verbesserung des Radwegenetzes.
Fazit
Die BuG tritt für eine Verbesserung des ÖPNV in Durmersheim ein, unter Einbeziehung unserer Nachbarn im Tiefgestade. Wir geben einer Busanbindung mit enger Takt-Dichte zur Merkurstraße oder auch zum Rösselsbrünnle den Vorzug. Damit ist ein verzugsloser Umstieg in die S2 in Rheinstetten und die S7/S8 in Durmersheim möglich. Diese Buslinie ist ergänzend zur vorhandenen Linie 222 zu etablieren und es sind die Gemeinden Durmersheim, Au am Rhein sowie Elchesheim-Illingen (ggfs. auch Bietigheim) zu bedienen. Die Ergänzung durch MyShuttle ist zu prüfen, vor allem mit Blick auf die Randzeiten und als bessere Alternative zum Anruf-Linien-Taxi. Der Vorteil von MyShuttle wäre, dass damit ein schnellerer Zubringer zur S-Bahn möglich wäre als mit dem Bus.