Die Energiepreise steigen in bisher nicht gekannte Höhen und nicht erst der Krieg in der Ukraine führt uns vor Augen wie wichtig es ist, von Energieimporten unabhängig zu werden. Um dieser Unabhängigkeit ein Stück näher zu kommen, ist der Einsatz der Windenergie aus heutiger Sicht alternativlos.
Photovoltaik ist ein zweites wichtiges Standbein, benötigt aber eine weit größere Fläche um die gleiche Energiemenge zu erzeugen. Gleichzeitig ergänzen sich beide, da die Photovoltaik vor allem im Sommer ihre Stärken ausspielen kann, und die Windenergie im Winterhalbjahr. Parallel dazu müssen selbstverständlich auch die Netze ertüchtigt und Speicherkapazitäten bereitgestellt werden. Aber das soll hier zunächst nicht thematisiert werden.
Natürlich müssen wir auch unseren Energiehunger drosseln und möglichst sparsam mit den verschiedenen Energieformen umgehen, doch die Wenigsten von uns werden ernsthaft bereit sein, auf Wärme und Strom nahezu vollständig zu verzichten. Und um es gleich vorweg zu sagen, Kernenergie ist für uns keine ernsthafte Alternative. Die technischen und gesellschaftlichen Risiken sind viel zu hoch und für die sichere Endlagerung der strahlenden Hinterlassenschaften konnte bis heute noch kein überzeugendes Konzept vorgelegt werden.
Pro und Contra Windenergie
Zurück zur Windenergie, um die es hier ja gehen soll. Es gibt natürlich Argumente die gegen Windkraftanlagen sprechen, egal ob sie auf See oder an Land, ob im Forst oder auf Agrarflächen aufgestellt werden. Sie seien laut, nicht unbedingt schön anzusehen, sie würden massenhaft Vögel und Fledermäuse töten, usw. – so einige Argumente der Windkraftgegner.
Es gibt aber auch, wie eingangs erwähnt, gewichtige Argumente, die für Windkraftanlagen sprechen. Sie ermöglichen z.B. eine nachhaltige und effektive Energieerzeugung bei verhältnismäßig geringem Flächenverbrauch. Letztlich müssen wir als Gesellschaft oder auch als Kommune über eine vernünftige und sachliche Abwägung der Vor- und Nachteile zu einer tragfähigen Entscheidung für oder gegen die Errichtung von Windenergieanlagen in unserer Nachbarschaft kommen.
1. Warum überhaupt Windenergieanlagen
Wenn man die von uns Menschen verursachte Klimaerwärmung als Folge des Anstiegs der Treibhausgase anerkennt, muss man sich zwangsweise Gedanken machen, wie man diese Treibhausgasemissionen, speziell CO2, reduzieren kann, um auch nachfolgenden Generationen noch einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen.
Neben ernsthaften Energiesparmaßnahmen, die einen ganz wichtigen Beitrag dazu liefern, sind Erneuerbare Energien (EE), wie z.B. Wind- und Sonnenenergie, unsere wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen den Klimawandel: So konnten im Jahr 2020 durch die Nutzung Erneuerbarer Energien 227 Millionen Tonnen an Treibhausgas-Emissionen eingespart werden. Die Windenergie hat dabei mit etwa 101 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einen wesentlichen Teil zu diesen Einsparungen beitragen. 227 Millionen Tonnen erscheinen zunächst viel, sind aber im Verhältnis zu den 640 Millionen Tonnen, die wir im gleichen Zeitraum dennoch emittiert haben, deutlich zu wenig.
Wir kommen daher an einem weiteren massiven Ausbau der Erneuerbaren nicht vorbei. Das betrifft sowohl die Photovoltaik als auch die Windenergie. Wir benötigen beide! Photovoltaik auf möglichst vielen Dächern und Windenergie auf geeigneten Flächen im Freiland und im Forst. Ein großer Vorteil der Windenergie ist ihr, bezogen auf die Energieausbeute, deutlich geringer Flächenbedarf (als z.B. bei PV-Anlagen). Außerdem hilft die Windenergie dabei, den fehlenden PV-Strom während der Nachtstunden oder auch im Winterhalbjahr zu kompensieren. Es kommt also auch hier, wie so oft, auf die richtige Mischung an.
2. Rentabilität
Nun gut, Windenergie muss sein. Aber bei uns hier in der Rheinebene? Macht das denn überhaupt Sinn? Und rechnet sich das denn? So fragen sich sicherlich viele. Diese Fragen sind berechtigt, aber zum einen weist der neue Windatlas auch auf der Gemarkung Durmersheim sehr vielversprechende Flächen aus. Zum anderen kann man davon ausgehen, dass ein Investor der hier bauen möchte, die Ertragsaussichten, unter anderem durch eigene Messungen, sehr genau prüft, bevor er sehr viel Geld investiert. Um die finanzielle Seite müssen wir uns daher wenig Sorgen machen. Wie auch die Gemeinde davon profitieren kann und welche Vorteile wir alle davon haben, werden wir in der Folge noch betrachten.
Wie sieht es aber mit der „energetischen Rentabilität“ aus?
Windenergieanlagen (WEA) müssen hergestellt werden, und das verbraucht natürlich erst einmal Energie. Angefangen bei der Gewinnung der benötigten Rohstoffe, über den Herstellungsprozess bis hin zur Errichtung, Inbetriebnahme und späterem Recycling. Dieser Energieverbrauch hängt hierbei stark von der konkreten Anlage ab. Für die Rentabilität spielt es weiterhin eine große Rolle ob die Anlage an einer windreichen Küste steht oder im eher windschwächeren Binnenland. Eine Lebenszyklusanalyse des Anlagenherstellers Enercon (2011) weist exemplarisch für eine E-82 E2 mit 2,3 MW Leistung eine energetische Amortisationszeit von 6,8 Monaten für einen Inlandsstandort, und bis 4,7 Monaten für einen windreicheren Küstenstandort aus. Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommen auch Studien der Oregon State University, sowie der Universität Stuttgart. Bei üblichen Laufzeiten von mindestens 20 Jahren, erzeugt eine Windkraftanlage daher mindestens 20 – 40-mal so viel Energie, wie für ihre Herstellung (und das Recycling) verbraucht wurde. Für das Recycling gibt es übrigens, laut Umweltbundesamt, heute bereits etablierte Verfahren, so dass hier keine Probleme zu erwarten sind. Auch das Fundament wird dabei in der Regel wieder komplett ausgebaut und recycelt.
3. Flächenbedarf / Auswirkungen auf den CO2 Haushalt
Für die Errichtung einer WEA wird eine Fläche von etwa 1 ha benötigt, u.a. auch für die Baustelleneinrichtung und als Lagerplatz. Ein Teil der Fläche kann nach der Inbetriebnahme wieder rekultiviert oder aufgeforstet werden. Als permanent benötigte Fläche verbleiben dann noch 5000 bis 8000 m² (0,8 ha). Diese Fläche muss vom Investor an anderer Stelle „ausgeglichen“ werden. Entweder durch das Anlegen von Biotopen, das Pflanzen von Bäumen oder durch Waldumwandlung (z.B. von Nadelwald hin zu wertvollerem Mischwald), denn zukünftig sollen Windenergieanlagen auch verstärkt im Forst aufgestellt werden. Dabei stellt sich natürlich auch die Frage, ob das denn sinnvoll ist, da die Bäume, die dafür weichen müssen, bei der Photosynthese CO2 binden und so der Atmosphäre entnehmen. Vergleicht man jedoch die Menge CO2, deren Emission durch eine WEA jährlich vermieden wird, mit der Menge CO2, die z.B. durch Buchen in der gleichen Zeit gebunden wird, wird sehr schnell deutlich, dass eine WEA deutlich „effektiver“ ist, wenn es um die CO2 Reduktion geht.
In Zahlen stellt sich das so dar: Eine moderne WEA spart im Schnitt (abhängig von der Leistungsklasse und der Windhöffigkeit) ca. 10.000 t CO2 pro Jahr ein, eine ausgewachsene Buche bindet in der gleichen Zeit ca. 0,0125 t CO2. Das bedeutet, man benötigt ca. 800.000 Buchen um den gleichen CO2 reduzierenden Effekt zu erreichen. Umgerechnet auf den Flächenbedarf bedeutet dies ca. 0,8 ha (WEA) gegenüber 7.424 ha (Buchenwald). Natürlich ist das eine recht einseitige Betrachtung, da der Wald ja auch noch viele andere Funktionen erfüllt (Feuchtigkeit und Temperatur regulierend, Erholungsraum, Lebensraum für Tiere), aber zumindest das Argument der CO2-Bindung sollte damit relativiert sein. Und es geht ja auch nicht um den Ersatz des Waldes durch Windräder, sondern um ein vernünftiges Miteinander, und das sehen wir durchaus als möglich an.
4. Auswirkungen auf Natur und Umwelt
Eine WEA hat natürlich auch Auswirkungen auf die Natur, speziell in ihrem Umfeld. Während sich die Tiere am Boden relativ schnell an die neuen „Nachbarn“ gewöhnen, ist die für ihre fliegenden Artgenossen deutlich schwieriger. Fledermäuse z.B. können die sich drehenden Rotorblätter nicht orten und können daher nicht ausweichen. Ähnlich verhält es sich auch bei vielen Greifvögeln, die sich bei ihrer Jagd sehr stark Richtung Boden orientieren und dabei Hindernisse nicht wahrnehmen, die sich direkt vor ihnen befinden. Beides wird jedoch im Rahmen der Genehmigung berücksichtigt. Befinden sich z.B. wichtige Fledermaushabitate in der Nähe, oder gehört der Bereich zum Jagdrevier von geschützten Fledermäusen, so müssen die Windräder während der üblichen Flugzeiten der Fledermäuse (hauptsächlich während der Sommermonate und nachts) den Betrieb einstellen. Anders sieht das bei bedrohten Vogelarten aus. Hier führt es im Rahmen der Genehmigungsplanung in aller Regel sogar zum Verbot, Windräder in der Nähe ihrer Horste oder Jagdreviere zu errichten. Bedrohte Arten genießen hier also einen hochrangigen Schutz.
Gleichzeitig haben Untersuchungen (BUND, NABU) gezeigt, dass z.B. durch Hauskatzen oder Fensterscheiben deutlich mehr Vögel (60 Mio bzw. 115 Mio) ums Leben kommen als durch Windräder (0,1 Mio). Ungleich größer wäre allerdings der Schaden für die Natur, wenn wir nichts gegen die von uns verursachte Erderwärmung unternehmen. Zunehmende Temperaturen und Trockenheit, gepaart mit örtlichen, sintflutartigen Regenfällen und Überschwemmungen (Beispiel Australien) führen unweigerlich zu einem massiven Artensterben sowohl bei Pflanzen als auch bei Tieren. Was das für uns Menschen bedeutet, wenn unsere Nahrungsquellen nach und nach verschwinden, kann sich jeder selbst ausmalen.
5. Und was haben wir in Durmersheim davon?
Neben dem Wissen, etwas Gutes für unsere Umwelt und für nachfolgende Generationen getan zu haben, eine ganze Menge!
Für die Nutzung gemeindeeigener Grundstücke, zur Errichtung von Windenergieanlagen (WEA), erhält die Gemeinde jährliche Pachtzahlungen die nicht unerheblich sind und unseren Haushalt deutlich entlasten würden. Dies würde helfen unsere Kindergärten und Schulen optimal auszurüsten, unsere Vereine zu unterstützen, die Straßen und Wege in Schuss zu halten und vieles mehr. Natürlich nehmen wir als Gemeinde, und damit jeder einzelne von uns, auch Nachteile in Kauf wie z.B. die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes. Kompensiert werden diese Beeinträchtigungen, über die Pachtzahlungen hinaus, durch eine Beteiligung am Erlös von 0,6 Cent pro produzierte Kilowattstunde. Diese Beteiligung wird auf alle Kommunen im direkten Umkreis der WEA aufgeteilt. Neben diesen Vorteilen, die allen zu Gute kommen, werden wir bei der Auswahl der Betreiberfirma großen Wert darauflegen, dass auch Einzelpersonen oder Energiegenossenschaften sich mit eigenem Geld an den Anlagen, und damit an deren Erlös, beteiligen können. Ebenso werden wir versuchen bei den Verhandlungen mit möglichen Betreiberfirmen auch die anderen Forderungen des Bürgertisches durchzusetzen.
Um es jedoch an dieser Stelle nochmals ganz deutlich zu sagen, die finanziellen Vorteile für die Gemeinde und für Privatpersonen sind natürlich ein positiver Nebeneffekt. Im Wesentlichen geht es darum etwas für den Klimaschutz zu tun und dabei von fossilen und nicht nachhaltigen Energieträgern unabhängiger zu werden.